Abschiedsfeiern und die Rolle der Musik

Wenn ich das Stück „Hero“ (Let me go. I don´t wanna be your hero) von „Family of the Year“ im Radio höre, muss ich an Bruno S. denken. Er war nur zwei Wochen bei uns, aber ein so besonderer Mensch, dass er mir im Gedächtnis bleiben wird. Als er verstorben war, wählten wir zur Verabschiedungsfeier dieses Lied aus. Es waren so viele Angehörige gekommen und auch Mitbewohner aus seiner Wohngruppe, dass wir uns in mehreren Gruppen verabschieden mussten. Auch die Erinnerung an den 19jährigen Marc, Sohn eines befreundeten Ehepaares, ist für mich untrennbar mit einem Musikstück verbunden: „Der Weg“ von Herbert Grönemeyer - „Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet ...“

Eine Verabschiedungsfeier im Hospiz findet normalerweise im engsten Familienkreis am Bett des Verstorbenen statt. Wir sprechen darüber, wie wir diesen Menschen erlebt haben, welche Erinnerungen wir mit dieser Person verbinden, was besonders war.

Musik spielt dabei eine wichtige Rolle. Manchmal suchen wir ein Stück aus, von dem wir denken, dass es gut zu dieser Persönlichkeit passt, weil eine Vorliebe für eine bestimmte Gattung (Tango, Klaviermusik) oder einen Komponisten (Mozart) oder Interpreten aufgefallen ist. Schöner ist es, wenn die Bewohnerin oder der Bewohner während des Aufenthalts im Hospiz auf Lieblingsmusik zu sprechen kam, vielleicht, weil sie eine wichtige Rolle in der Partnerschaft oder der Lebensgeschichte gespielt hat. Manchmal können auch die Angehörigen ein besonderes Musikstück benennen. Ich erinnere mich an die Verabschiedung einer recht kantigen Persönlichkeit, bei der das Stück „I did it my way“ von Frank Sinatra jedem von uns ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte und wir alle dachten: „Ja, das passt – bis zum ´final curtain`!“.

Warum ist uns das so wichtig? Weil wir immer wieder die Erfahrung machen, dass Musik die Kraft hat, etwas von einer Persönlichkeit widerzuspiegeln und so zu einem Symbol der Wertschätzung wird. Aber auch, weil Musik die Fähigkeit besitzt, unsere Herzen in einer tiefen und behutsamen Weise zu berühren, so dass sie unserer Trauer guttut. Die Liedtexte, aber noch mehr die Melodien und Akkorde bringen in uns eine Wirklichkeit zum Schwingen, für die uns oft die Worte fehlen.

 

Hubertus Deuerling, Seelsorger im Johannes-Hospiz